Seit der Woche vor Weihnachten hat sich aus der Sicht von uns LehrerInnen ein Raum voller lebendiger Wesen reduziert auf ca. 30 kleine graue Kästchen auf einem Bildschirm. Das hat für uns alle eine riesige Umstellung bedeutet: Schulleitung, LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern. Unterricht im Schlafanzug nach Stundenplan auf der Konferenzplattform Alfaview läuft im Vergleich zu anderen Schulen strukturiert und stabil ab. Teilweise gibt es zufriedene Stimmen und positives Feedback, schüchterne SchülerInnen haben ganz andere Möglichkeiten, beteiligen sich aktiv und kontinuierlich am Unterricht. Andere werden leicht abgelenkt und finden es schwer dem Unterricht zu folgen. Wie die Kinder verschieden sind, ist es auch das Onlinelernen für die Einzelnen.
Ich sehe große Fortschritte im digitalen Selbstverständnis, das sich langsam aufbaut und auch in Sachen eigenverantwortliches, selbstständiges Arbeiten. Die SchülerInnen sind froh nicht stundenlang Mundschutz tragen zu müssen, länger schlafen zu können, keine aufwendigen Wege auf sich nehmen zu müssen, aber sie vermissen das Miteinander, die Klassenkameraden. Es fehlt auch aus dem Haus zu gehen und sich in der Welt selbstständig vom Elternhaus zu behaupten und zurechtzufinden. Wir LehrerInnen sind froh, dass keine wertvolle Unterrichtszeit draufgeht für Händewaschen von 30 Personen an einem Waschbecken, Gänge auf die Toilette und zum Pausenverkauf. Es gibt Raum für andere Methoden, zum Beispiel Filme drehen, Internetrecherche, Photoshop … Eine gute Vorbereitung für die Arbeitswelt in unserem digitalen Zeitalter und auch größere Projektarbeiten, die zum Beispiel in der neunten Klasse auf dem Lehrplan stehen.
Vorteil des Lockdowns für die SchülerInnen, dem Wegfall aller Termine des Alltags und der vielen Zeit in den eigenen vier Wänden ist es jedoch auch Zeit zu haben. Zeit für sich selbst, Zeit für Ideen. Zeit aufzuräumen. Dadurch sind diese wundervollen, einfallsreichen Kunstarbeiten entstanden. Nach dem Vorbild des Künstlers URSUS WEHRLI haben die SchülerInnen aus den Klassen 6 bis 8 jeweils ein Vorher und ein Nachher Foto erstellt. Sie konnten sich für eine der beiden Techniken entscheiden, mit denen URSUS WEHRLI arbeitet, entweder KUNST AUFRÄUMEN oder die KUNST AUFzuRÄUMEN. Er zerlegt mit Humor Kunstwerke mit Hilfe der Nagelschere akribisch in kleine Teile und ordnet sie nach ästhetischen, gestalterischen Gesichtspunkten neu an oder geht im Alltag sogar soweit einen Parkplatz mit all seinen Autos aufzuräumen oder bei einem Schwimmbadbesuch die Menschen nach Größe und Geschlecht, die Schirme nach Farben zu sortieren.
(Birke Wolf, Kunstlehrerin)